14.12.2022

„Zu hohe“ Mieten – Städte verhängen Bußgelder!

Beitrag von Rechtsanwalt Thilo Zagon

In letzter Zeit wenden sich deutsche Städte – auch die Stadt Freiburg i.Br. – immer häufiger an Vermieter mit dem Vorwurf, die geforderte Miete für inserierte Wohnungen sei zu hoch. Es bestünde der Verdacht einer sogenannten Mietpreisüberhöhung wegen eines Verstoßes gegen § 5 Wirtschaftsstrafgesetz.

Mit dieser Thematik hat sich jüngst AG Frankfurt a.M. (Urteil vom 17.02.2021 – 941 OWi 916 Js 8645/20) beschäftigt.

Sachverhalt:

Der Vermieter vermietete in den Jahren 2018 bis 2021 seine 52,81 m² große Eigentumswohnung in mittlerer Wohnlage in Frankfurt a.M. an einen Verwandten zu einer Kaltmiete in Höhe von 15,33 €/m².

Bei der Festlegung der Miethöhe orientierte sich der Vermieter daran, was er über die von den übrigen Eigentümern der Wohnungseigentümergemeinschaft geforderten Mieten gehört hatte. Weitere Erkundigungen zur ortsüblichen Miete stellte der Vermieter nicht an.

Nach dem qualifizierten Mietspiegel der Stadt Frankfurt a.M. betrug die ortsübliche Vergleichsmiete in den Jahren 2018 bis 2021 zwischen 8,67 € und 8,99 €/m².

Entscheidung:

Das AG Frankfurt a.M. verhängte gegen den Vermieter eine Geldbuße in Höhe von 1.000 € wegen leichtfertiger Mietpreisüberhöhung und ordnete die Abführung der ordnungswidrig erwirtschafteten Mehrerlöse in Höhe von 8.759,40 € an.

Der Vermieter habe eine Ordnungswidrigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 WiStG begangen, denn er habe für die Vermietung seiner Eigentumswohnung ein unangemessen hohes Entgelt i.S.v. § 5 Abs. 1, 2 WiStG gefordert. Die vereinbarte Miete übersteige das übliche Entgelt infolge der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen um mehr als 20 %. Der Vermieter habe nach Ansicht des Gerichts ein geringes Angebot an vergleichbaren Räumen im Sinne von § 5 Abs. 2 WiStG ausgenutzt. Der Mieter habe die Wohnung als „teure Notlösung“ akzeptiert. Das übliche Entgelt i.S.v. § 5 Abs. 2 WiStG könne auf Grundlage eines qualifizierten Mietspiegels i.S.v. § 558d BGB ermittelt werden.

Zum Tatbestandsmerkmal „Ausnutzen“ führt das Gericht aus:

Ausnutzen bedeutet, dass zwischen Mangellage und Vereinbarung der überhöhten Miete ein Kausalzusammenhang besteht. Es fehle erst dann am Ausnutzen, wenn ein Mieter unabhängig von der Lage auf dem Wohnungsmarkt bereit sei, eine gegenüber vergleichbaren Objekten – möglicherweise deutlich – höhere Miete für eine bestimmte Wohnung zu zahlen. Das sei hier nicht der Fall, denn A habe die Wohnung des B als teure Notlösung akzeptiert, weil er während rund einjähriger Suche kein einziges anderes Angebot bekommen hatte und der Aufenthalt im Hotel noch teurer geworden wäre.“

Die von § 5 Abs. 1 WiStG mindestens geforderte Leichtfertigkeit des Vermieters bejahte das Gericht vor dem Hintergrund jahrelanger breiter, intensiver und kontroverser medialer Diskussionen über Ursachen und Auswirkungen hoher Mieten in Ballungsräumen. Jeder verständige Betrachter würde erkennen, dass er sich bei der Bepreisung von Wohnraum weder auf die Angaben anderer Vermieter verlassen darf noch einfach einen Wert aus der Luft greifen kann, der Hausgeld und monatliche Darlehensrate abdeckt. Sollte hinsichtlich der Angemessenheit der Miete Unsicherheit bestehen, seien Auskünfte bei sachkundigen Stellen einzuholen bzw. deren Veröffentlichungen zu Rate zu ziehen. Entsprechendes gelte auch für die Frage der Wohnungsgröße.

Praxishinweis:

Das Thema wird Gerichte künftig häufiger beschäftigen. Vermieter, die „ins blaue Hinein“ hohe Mieten festsetzen, riskieren Verstöße gegen die §§ 556d ff. BGB (keine Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 10% bei Gebieten in einem angespannten Wohnungsmarkt), § 5 WiStG (Mietpreisüberhöhung bei Überschreitung um mehr als 20 % der ortsüblichen Vergleichsmiete) sowie § 291 StGB (Mietwucher bei mehr als 50 % der ortsüblichen Vergleichsmiete).

Bereits bei einem Verstoß gegen die § 556d ff. BGB ist die Mietpreisabrede teilunwirksam, sodass der über dem Schwellenwerte liegende Teil nicht geschuldet ist. Bei Verstößen gegen § 5 WiStG drohen zudem Bußgelder bis zu einer Höhe von 50.000 € (sowie die Pflicht zur Abführung des ordnungswidrig erwirtschafteten Mehrerlöses) und bei einem Verstoß gegen § 291 StGB eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe; wobei in besonders schweren Fällen (z.B. Gewerbsmäßigkeit) Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren verhängt werden kann.

Vermieter sollten bei der Mietpreisfestsetzung – ggf. durch einen Sachverständigen – eine belastbare Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete vornehmen und jedenfalls dann, wenn sich die Mieter erkennbar in einer „Notlage“ befinden, ermittelte Spielräume nicht voll ausnutzen.

Beitrag von Rechtsanwalt
Thilo Zagon

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