23.04.2024

Umwandlung einer Streuobstwiese

VGH Mannheim, Beschluss vom 16.01.2024 – 5 S 1641/23

Die Rechtmäßig- oder Rechtswidrigkeit eines Bebauungsplanes ist bei der Erteilung einer Umwandlungsgenehmigung für eine Streuobstwiese nicht zu prüfen.

Sachverhalt

Gegenstand der Entscheidung ist eine Umwandlungsgenehmigung für eine Streuobstwiese im Bebauungsplangebiet. Bereits während dem Aufstellungsverfahren des Bebauungsplans nach § 13b BauGB wurde der Antrag auf Umwandlungsgenehmigung gestellt und schließlich auf Grundlage eines Gutachtens erteilt.

Hiergegen richtet sich der gerichtliche Eilrechtsschutzantrag einer nach § 3 UmwRG anerkannten Umwelt- und Naturschutzvereinigung.

Entscheidungsgründe

Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag ab; der VGH bestätigte die Entscheidung.

Schon in der Zulässigkeit gibt der VGH die Richtung der Entscheidung vor: Das Recht auf Rechtsschutz sei nicht etwa deshalb verwirkt, weil der Antragsteller vom Bebauungsplanverfahren schon lange Kenntnis habe. Denn: Es handelt sich bei der Umwandlung der Streuobstwiese und dem Bebauungsplan um zwei gänzlich unterschiedliche Verfahrensgegenstände.

Aus diesem Grund wird der Antrag schließlich auch abgelehnt.

Die Anwendbarkeit des § 33a LNatSchG folge schon aus § 30 Abs. 8 BNatSchG, der landesrechtliche Regelungen für unberührt erklärt. Außerdem unterfalle der vorliegende Streuobstbestand nicht § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG – hier sind die Anforderungen nämlich höher als nach Landesrecht.

Die mögliche Rechtswidrigkeit des Bebauungsplans stehe der Umwandlungsgenehmigung nicht entgegen, da sie im Verfahren der Umwandlungsgenehmigung schlichtweg nicht zu prüfen ist. Das öffentliche Interesse aus § 33a LNatSchG beziehe sich allein auf naturschutzfachliche Gesichtspunkte. Dafür spreche der Wortlaut der Norm, ein Vergleich mit § 9 Abs. 2 Satz 2 LWaldG, die dazu gehörige Rechtsprechung des Senats und auch die Anforderungen an die vorzunehmenden Ermessenserwägungen der Behörde. Es handele sich gerade nicht um eine umfassende Ermessensabwägung, bei der etwa auch der Bebauungsplan zu berücksichtigen wäre, sondern nur um ein Ermessen hinsichtlich naturschutzfachlicher Gesichtspunkte. Dies folge schon daraus, dass der Antrag auf Umwandlungsgenehmigung regelmäßig in einem so frühen Stadium gestellt wird, dass die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans noch gar nicht abzusehen sei und etwaige Fehler schließlich auch noch geheilt werden können.

Da der Antrag allein auf die Fehlerhaftigkeit des Bebauungsplans nach § 13b BauGB gestützt wurde, war er abzulehnen.

Fazit

Die höchst spannende Frage, ob der nach § 13b BauGB fehlerhafte Bebauungsplan nach § 215 BauGB unbeachtlich werden kann – zu der wir hier auf unserer Homepage ausführlich referiert haben –, konnte der VGH damit offenlassen. Für Gemeinden gilt: Ein früher Antrag auf Umwandlungsgenehmigung kann auch früh Sicherheit schaffen – freilich nur für diesen Teilaspekt der Planung.

Maßgebliche Vorschriften

§ 33a LNatSchG: Erhaltung von Streuobstbeständen

(1)          Streuobstbestände im Sinne des § 4 Abs. 7 des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes (LLG), die eine Mindestfläche von 1.500 m² umfassen, sind zu erhalten.

(2)          Streuobstbestände im Sinne des Absatzes 1 dürfen nur mit Genehmigung in eine andere Nutzungsart umgewandelt werden. Die Genehmigung soll versagt werden, wenn die Erhaltung des Streuobstbestandes im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt, insbesondere wenn der Streuobstbestand für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder für den Erhalt der Artenvielfalt von wesentlicher Bedeutung ist. Maßnahmen der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung und Nutzung sowie Pflegemaßnahmen sind keine Umwandlung.

(…)

§ 4 LLG: Begriffe

(7)          Streuobstbestände sind eine historisch gewachsene Form des extensiven Obstbaus, bei dem großteils starkwüchsige, hochstämmige und großkronige Obstbäume in weiträumigen Abständen stehen. Charakteristisch für Streuobstbestände ist die regelmäßige Unternutzung als Dauergrünland. Daneben gibt es Streuobstäcker mit ackerbaulicher oder gärtnerischer Unternutzung, Streuobstalleen sowie sonstige linienförmige Anpflanzungen. Häufig sind Streuobstbestände aus Obstbäumen verschiedener Arten und Sorten, Alters- und Größenklassen zusammengesetzt. Sie sollten eine Mindestflächengröße von 1.500 m² umfassen. Im Unterschied zu modernen Obst-Dichtpflanzungen mit geschlossenen einheitlichen Pflanzungen ist in Streuobstbeständen stets der Einzelbaum erkennbar.

§ 30 BNatSchG: Gesetzlich geschützte Biotopes

(1)          Bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine besondere Bedeutung als Biotope haben, werden gesetzlich geschützt (allgemeiner Grundsatz).

(2)          Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung folgender Biotope führen können, sind verboten:

(…)

7. magere Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen nach Angang I der Richtlinie 92/43/EWG, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern.

(…)

(3)          Von den Verboten des Absatzes 2 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können.

(…)

(8)          Weiter gehende Schutzvorschriften einschließlich der Bestimmungen über Ausnahmen und Befreiungen sowie bestehende landesrechtliche Regelungen, die die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 genannten Biotope betreffen, bleiben unberührt.

Beitrag von Rechtsanwältin Shirin Gallinger

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