29.06.2023

SPS setzt Verbandsklagerecht gegen unzureichende Altlastensanierung vor dem Bundesverwaltungsgericht durch

BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2023, Az.: 10 C 4.23

In dem von uns betreuten Verfahren des BUND Landesverband Baden-Württemberg gegen das Land Baden-Württemberg wegen Sanierung der Kesslergrube konnten wir am 22.06.2023 in Leipzig einen wichtigen Erfolg erzielen: Auf unsere Revision wurde das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs aufgehoben. 

Entgegen der Auffassung von Verwaltungsgericht Freiburg und Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ist die Klage zulässig. Der Verwaltungsgerichtshof wird – endlich – inhaltlich zu prüfen haben, ob der Sanierungsplan die Vorgaben des Bundesbodenschutzgesetzes erfüllt. Zugleich äußerte der Senat in der mündlichen Verhandlung, dass Sanierungspläne grundsätzlich SUP-vorprüfungspflichtig sind.

Wir haben dargelegt, dass die Klage aus mindestens drei Gründen zulässig ist und bodenschutzrechtliche Anforderungen inhaltlich zu prüfen sind:

  • Deutschland ist völkerrechtlich aufgrund Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention verpflichtet, Klagen von Umweltvereinigungen gegen Sanierungspläne zuzulassen. Dementsprechend ist § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) weit auszulegen. Daher ist eine Verbindlichkeitserklärung eines Sanierungsplans eine Zulassungsentscheidung im Sinne der Vorschrift.
  • Ein Sanierungsplan setzt den Rahmen für die weiteren für die Sanierung erforderlichen Genehmigungen. Damit besteht nach § 35 Abs. 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) eine SUP-Vorprüfungspflicht. Daher ist die Klage auch nach § 1 Abs. 1 S. 1 N4. 4 UmwRG zulässig.
  • Zudem ist im Rahmen der Prüfung der wasserrechtlichen Genehmigungen auch zu prüfen, ob der Sanierungsplan bodenschutzrechtlichen Anforderungen genügt.

Der Senat hat sich in der mündlichen Verhandlung in allen drei Punkten unserer Auffassung angeschlossen. Der VGH Baden-Württemberg muss sich daher nun inhaltlich mit dem Sanierungsplan auseinandersetzen.

Inhaltlich begründen wir, dass eine Dekontamination der Kesslergrube erfolgen muss, weil

  • die geplanten Maßnahmen keine Sanierung im Sinne des § 4 Abs. 3 Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) sind; vielmehr handelt es sich um Schutzmaßnahmen, die nur zulässig sind, wenn eine Dekontamination unverhältnismäßig ist,
  • Gefahren durch die geplanten Maßnahmen nicht dauerhaft ausgeschlossen werden; nach dem Konzept ist es erforderlich, viele Jahrhunderte lang das zuströmende Grundwasser abzupumpen und zu reinigen,
  • der Sanierungsplan nicht dem Stand der Technik entspricht, da hiernach zumindest eine Einbindung der Dichtwand in eine geologische Barriere und zusätzlich eine hydraulische Sicherung erforderlich sind und
  • zumindest zu untersuchen ist, welche Schadstoffe in der Altlast enthalten sind, wie groß der Wasserzufluss im Worst-Case und ob eine Einbindung in eine geologische Barriere möglich ist.

Dass das Bundesverwaltungsgericht die Verpflichtungsklage als unzulässig einstuft, hat keine erheblichen Konsequenzen: Denn das Gericht hat klargestellt, dass Bodenschutzrecht auch im Rahmen der wasserrechtlichen Erlaubnisse zu prüfen ist. Umweltvereinigungen können daher, auch wenn keine Verbindlichkeitserklärung erfolgt, stets gegen unzureichende Sanierungen vorgehen.

Weitere Informationen können Sie der Pressemitteilung des BUND Landesverband Baden-Württemberg entnehmen. 

Sparwasser/Neusüß