23.12.2021

„Schriftformvereinbarung für Nachtragsauftrag wirksam?“

Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Ole Jena

OLG München, Urt. v. 21.07.2021 – 20 U 5268/20

Sachverhalt

Der Auftraggeber (ein Bauträger) schloss mit seinem Auftragnehmer einen Bauvertrag über den Einbau von Fenstern. Die Parteien vereinbarten die Geltung der VOB/B. Außerdem bestimmte der Bauvertrag in Ziffer 10, dass Nachträge bzw. zusätzliche Leistungen schriftlich vorgelegt werden müssen und erst nach Unterschrift als erteilt gelten. Da der Auftraggeber eine breite Außendämmung anbrachte als ursprünglich vorgesehen, musste der Auftragnehmer eine Profilverbreiterung vornehmen sowie breitere Wetterbleche einbauen. Für diese Leistungen verlangte der Auftragnehmer nunmehr vom Auftraggeber eine Mehrvergütung zuzüglich Zinsen hieraus seit Zugang der Schlussrechnung.

Entscheidung

Das OLG München stellte zunächst fest, dass die Klausel in Ziffer 10 des Bauvertrages unwirksam sei, wenn diese eine schriftliche Beauftragung verlangt. Denn dies stelle eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers dar. Die Mehrleistungen waren wegen der breiteren Außendämmung auch notwendig. Folglich steht dem Auftragnehmer eine Mehrvergütung für die erbachten Zusatzleistungen zu.

Verzugszinsen kann der Auftragnehmer jedoch erst ab dem Zeitpunkt verlangen, indem das Werk unstreitig mangelfrei war. Der Auftragnehmer konnte weder beweisen, dass das Werk zum Zeitpunkt der Schlussrechnung nur noch unwesentliche Mängel aufwies, noch konnte die Schlussrechnung als Fertigstellungsanzeige mit der Folge des Eintritts der Rechtswirkungen des § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B gewertet werden. Denn im Bauvertrag wurde vereinbart, dass eine förmliche Abnahme per Objektbegehung durchzuführen ist.

Folglich war die Klage des Auftragnehmers mit Blick auf die Hauptforderung erfolgreich, hinsichtlich der Nebenforderung wurde die Klage abgewiesen.

Fazit

Die in der Leistungsbeschreibung nicht genannten, aber technisch zur Herstellung des Werkes notwendigen Leistungen sind grundsätzlich nach § 2 Abs. 8 VOB/B bzw. nach §§ 677, 683 BGB zu vergüten, wenn der Auftraggeber die Ausführung nicht angeordnet hat. Dies gilt nach überwiegender Auffassung auch dann, wenn der Auftragnehmer dies nicht rechtzeitig angezeigt hat (OLG Jena, Urt. v. 09.01.2020 – 8 U 176/19; a.A. OLG Celle, Urt. v. 02.09.2015 – 14 U 154/13).

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