26.01.2022

„Schriftformerfordernis bei nachträglicher Vereinbarung über befristete Mietminderung?“

Beitrag von Rechtsanwältin Marie-Lea Andert

BGH, Beschl. v. 15.09.2021 – XII ZR 60/20

Sachverhalt

Gegenstand dieser Entscheidung über die Auferlegung der Verfahrenskosten eines Räumungsrechtsstreits über drei Instanzen war im Kern die Frage, ob Vereinbarungen über die Höhe von Mietminderungen dem Schriftformerfordernis gemäß § 550 BGB unterliegen.

Die Parteien eines befristeten Gewerberaummietvertrages trafen nachträglich zwei Vereinbarungen über die Höhe von Mietminderungen, welche sich jeweils über Zeiträume von deutlich unter einem Jahr, in Summe aber 15 Monate, erstreckten. Die Vereinbarungen wurden nicht unter Beachtung der Schriftform geschlossen. Der Vermieter behauptete, es habe sich hierbei um einen Schriftformverstoß gemäß § 550 BGB gehandelt. In der Folge gelte das Mietverhältnis gemäß § 550 Satz 1 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen und die Vereinbarung zur Laufzeit des Mietvertrags sei unwirksam. Er erklärte die ordentliche Kündigung des Mietvertrages und erhob vor dem LG Bremen die Klage auf Räumung und Herausgabe gegen den Mieter.

Die Parteien erklärten den Rechtsstreit vor dem BGH in der Revision übereinstimmend für erledigt. Der BGH hatte daher nur noch drüber zu entscheiden, welcher Partei die Verfahrenskosten aufzuerlegen sind bzw. welche Partei voraussichtlich im Rechtsstreit unterlegen wäre.

Entscheidung

Der BGH beschloss, dem Vermieter die Verfahrenskosten aufzuerlegen und gab zur Begründung an, dass sich der Vermieter nicht auf einen Schriftformverstoß berufen und infolgedessen das Mietverhältnis nicht vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit durch ordentliche Kündigung beenden konnte. Die ordentliche Kündigung sei unbegründet gewesen und die Räumungsklage wäre daher abgewiesen worden.

Der BGH führte unter Bezugnahme auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung aus, dass die Vorschrift des § 550 BGB den Erwerber eines Grundstücks davor schützen solle, bei Eintritt in einen Mietvertrag, dessen Bedingungen er mangels Schriftlichkeit nicht zuverlässig erkennen kann, an die vertraglichen Regelungen länger als ein Jahr gebunden zu sein. Daneben diene § 550 BGB dazu, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien zu gewährleisten und diese vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen.

Der Gesetzgeber habe in § 550 Satz 1 BGB ein Jahr als Grenze festgelegt, bis zu der nicht von einer Langfristigkeit auszugehen sei. Daraus folge, dass bei einer Änderung von vertragswesentlichen Vereinbarungen, wie bei einer Änderung der Miethöhe, nur dann gemäß § 550 Satz 1 BGB von einem Schriftformerfordernis auszugehen sei, wenn diese für einen Zeitraum von über einem Jahr gelten solle.

Da jede einzelne Abrede unter diesem Aspekt für sich betrachtet werden müsse, sei es im vorliegenden Fall unerheblich, dass beide Vereinbarungen zusammen mit einem Geltungszeitraum von 15 Monaten ein Jahr überschritten haben.

Fazit

Eine Vereinbarung über die Höhe einer Mietminderung betrifft die Miete als vertragswesentlichen Bestandteil und unterfällt dem Schriftformerfordernis, wenn diese über einen Zeitraum von über einem Jahr gelten soll.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 550 BGB (Form des Mietvertrages)

Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.

§ 126 BGB (Schriftform)

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

Beitrag von Rechtsanwältin Marie-Lea Andert

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