27.11.2024

Klimaschutz in der BauGB-Novelle

ein Beitrag von Dr. Marlene Voigt

Durch die BauGB-Novelle sollen die Herausforderungen der Klimakrise künftig eine noch stärkere Berücksichtigung im Baurecht erfahren. Dabei sollen die hierfür vorgesehenen Änderungen sowohl originär zum Klimaschutz beitragen, als auch dazu dienen, die unvermeidlichen Folgen der Klimakrise durch eine klimaangepasste Planung abzumildern.

Insgesamt eröffnet der Entwurf Städten und Gemeinden neue Möglichkeiten, aber auch Pflichten im Rahmen der Bauleitplanung und des besonderen Städtebaurechts Belange des Klimaanpassung stärker zu berücksichtigen.

Relevanz hat dies auch und vor allem für die Aufstellung von Bebauungsplänen: Die Erfordernisse der Klimaanpassung stellen bereits nach derzeitiger Rechtslage einen Grundsatz der Bauleitplanung dar. Durch die Novelle wird der besonderen Relevanz dieser Belange für ein zukunftssicheres Bauen nun eine verstärkte Bedeutung zugemessen. So werden Klimaschutz und Klimaanpassung gesondert und neu strukturiert als im Abwägungsprozess zu berücksichtigende Belange genannt, allerdings ohne dass sich hieraus inhaltliche Änderungen ergeben. Hierzu zählt auch das Ziel einer wassersensiblen Stadtentwicklung, welche fatale Auswirkungen von Starken- und Überschwemmungsereignissen besser abmildern soll.

Insgesamt soll die Resilienz gegen Naturkatastrophen infolge der Klimakrise gestärkt werden. Daher ist künftig im Rahmen der Umweltprüfung ausdrücklich zu untersuchen, welche Auswirkungen die festgesetzten Nutzungen auf das Klima zeitigen, sowie, welchen Auswirkungen der Klimakrise die festgesetzten Nutzungen voraussichtlich ausgesetzt sein werden. Bei einem Bebauungsplan der Innenentwicklung (§13a BauGB) ist eine entsprechende Darlegungspflicht, allerdings nur für den Aspekt der Klimaanpassung im Rahmen der Begründung vorgesehen.

Bereits heute wird diskutiert, in welchen Fällen die Erstellung einer CO2-Bilanz im Bauleitverfahren, auch aufgrund des Berücksichtigungsgebots in § 13 KSG, erforderlich ist. Eine kürzlich ergangene Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 18. Juli 2024 – 5 S 2374/22 –, juris) dürfte dahingehend zu verstehen sein, dass dies regelmäßig erforderlich ist, auch wenn es dort um ein durch Bebauungsplan zugelassenes Straßenbauprojekt und nicht um einen klassischen Angebotsplan handelte. Etwas anderes dürfte nur gelten, wenn auf der Hand liegt, dass die Umsetzung des Bebauungsplans keine negativen Auswirkungen auf die Klimaschutzziele hat, etwa bei Bebauungsplänen der Nachverdichtung.

Vorgesehen sind zudem neue Festsetzungsmöglichkeiten, die der Realisierung insbesondere von grün-blauer Infrastruktur dienen sollen. Um Pflanz- und sonstigen Maßnahmengeboten auch zu einer tatsächlichen Durchschlagskraft zu verhelfen, sollen diese künftig erleichtert durch Bescheid gegenüber den jeweiligen Grundstückseigentümern durchgesetzt werden können.

Erklärtes Ziel dieser Neuerungen ist, erhöhte Hitzebelastungen und Schäden aus Starkregenereignissen zu vermeiden und zu verringern. Hierfür soll in der Baunutzungsverordnung (BauNVO) zudem die Möglichkeit zur Festsetzung eines Versiegelungsfaktors (§ 19a BauNVO) eingeführt werden.

Handlungsbedarf besteht angesichts der Folgen der Klimakrise indes auch und gerade für den Innenbereich. Der dort regelmäßig bestehende hohe Versiegelungsgrad verstärkt die Hitzebelastung und führt dazu, dass bei Starkregenereignissen oft nicht genügend versickerungsfähige Fläche vorhanden ist.

Um dem entgegenzuwirken ist in § 34 BauGB eine Rechtsgrundlage für ergänzende Anforderungen vorgesehen, die der Klimaanpassung dienen. Diese soll Maßnahmen zur Klimaanpassung auch bei der Zulassung von Vorhaben im unbeplanten Innenbereich ermöglichen. Hierzu können etwa zählen die Schaffung von Versickerungsanlagen und Dachbegrünung, Baumpflanzungen oder die Verwendung hochwasserresistenter Baustoffe. Diese Maßnahmen sollen nach der Vorstellung des Gesetzgebers unabhängig vom Erfordernis des „Einfügens“ möglich sein; also unabhängig davon verlangt werden können, ob sich die einzelne Maßnahme in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Erforderlich ist dagegen stets, dass sich die Maßnahme im Einzelfall als „verhältnismäßig“ darstellt. Zudem enthält der Entwurf eine Ermächtigungsgrundlage für Gemeinden, solche klimaanpassenden Maßnahmen allgemeinverbindlich durch Satzung zu regeln. Ohne eine solche Satzung werden sich in der Praxis voraussichtlich viele Fragen, insbesondere zur gleichmäßigen Anwendung, ergeben (vgl. dazu auch die unter unserer Mitwirkung erstellte Stellungnahme des Deutschen-Anwaltsvereins).

Bestehende Gebiete, die einen erheblichen Anpassungsbedarf an die Auswirkung der Klimakrise aufweisen, können darüber hinaus in Zukunft als (förmliches) Sanierungsgebiet festgesetzt werden. Auch eine Stadtumbaumaßnahme oder eine Entwicklungsmaßnahme kann auf die Notwendigkeit der Klimaanpassung gestützt werden. Diese und weitere Möglichkeiten werden im neu eingefügten § 191a BauGB aufgezählt, ohne dass hierdurch neue Rechtsgrundlagen geschaffen werden.


Beitrag von Rechtsanwältin
Dr. Marlene Voigt

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