18.01.2021

Ein Gewerberaummieter hat einen Anspruch darauf, dass der Mietvertrag wegen Störung der Geschäftsgrundlage angepasst wird, wenn er wegen behördlicher Einschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie seine Räume nicht nutzen kann.

LG Mönchengladbach, Urteil vom 2. November 2020, Az. 12 O 154/20

Sachverhalt

Die Betreiberin eines Schuhgeschäfts und ihr Vermieter streiten im Urkundenprozess um Mietzahlungsansprüche aus einem Gewerberaummietvertrag. Es geht dabei um den Zeitraum des Lockdowns wegen der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020. Das Geschäft blieb aufgrund behördlicher Erlasse zwischen dem 18. März und dem 19. April 2020 geschlossen.
Die Mieterin will den Mietvertrag gemäß § 313 Abs. 1 BGB dahingehend ändern lassen, dass sie für diesen Zeitraum keine Miete zahlen muss.

Entscheidung

Nach § 313 BGB kann eine Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich Umstände nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder nicht so geschlossen hätten, wenn sie Kenntnis davon gehabt hätten.
Das LG Mönchengladbach hat diese Voraussetzungen jedenfalls für den Fall der vollständigen Schließung eines Ladengeschäfts bejaht. Da das Risiko für die Betriebsuntersagung weder im Risikobereich des Mieters noch des Vermieters lag und der Mietvertrag hierzu keine Regelung enthielt, hielt das Gericht eine Anpassung auf die Hälfte des Mietzinses einschließlich der verbrauchsunabhängigen Betriebskosten für angemessen. Der Mietvertrag wird rückwirkend auf den Zeitpunkt des Anpassungsereignisses geändert.

Praxishinweis

Der Gesetzgeber hat inzwischen durch Gesetz vom 22. Dezember 2020 den Art. 240 EGBGB um einen § 7 erweitert, der vertragsrechtliche Regelungen im Zuge der Pandemie trifft. Danach wird rückwirkend vom 1. Oktober 2020 an vermutet, dass § 313 BGB grundsätzlich anwendbar ist, wenn gewerblich vermietete oder verpachtete Räume aufgrund staatlicher Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung für den Betrieb des Mieters nicht oder nur erheblich eingeschränkt verwendbar sind.

Auch wenn es je nach Grad der Beeinträchtigung immer noch eine Einzelfallprüfung geben wird, vor allem zur Höhe und zur Dauer einer Mietsenkung, so verbessert sich die Verhandlungsposition der Mieter erheblich gegenüber dem bisherigen Covid-19-Gesetz,
das nur eine vorübergehende Kündigungsbeschränkung vorsah. Für die Zeit vor dem
1. Oktober gilt zwar nicht die Vermutungswirkung des neuen Gesetzes, Gewerberaummieter können sich aber auf die vorgenannte Entscheidung des LG Mönchengladbach berufen.

Auch der neu eingefügte und ab dem 31.12.2020 geltende§ 44 EGZPO dürfte Anpassungsverhandlungen beschleunigen. Nach dieser Regelung sollen Verfahren über die Anpassung der Miete wegen staatlicher Maßnahmen aufgrund der Pandemie vorrangig und beschleunigt bearbeitet werden. Die Gerichte sollen spätestens einen Monat nach Zustellung der Klageschrift einen Verhandlungstermin anberaumen.

Gewerbemietern ist zu raten, unverzüglich die Anpassung ihres Mietvertrages vom Vermieter zu verlangen, wenn dieser vor der Corona-Pandemie abgeschlossen wurde und sie vom Lockdown betroffen sind.