18.10.2024

Die Baugenehmigungsfiktion der LBO-Reform

ein Beitrag von Dr. Ole Jena und Shirin El-Aklok

Der neue § 58 Abs. 1a LBO-E enthält eine Genehmigungsfiktion für das vereinfachte Genehmigungsverfahrens. Abweichungen, Ausnahmen und Befreiungen unterliegen nach dessen Nr. 2 ebenfalls der Genehmigungsfiktion, soweit diese beantragt sind, was nach § 52 Abs. 4 LBO aber zwingend ist.

Für die Frist gilt § 54 LBO. Das heißt die Genehmigungsfiktion tritt nach Ablauf der im Baugenehmigungsverfahren geltenden Bearbeitungsfristen ein, im hier maßgeblichen vereinfachten Verfahren mithin nach zwei Monaten ab Vorliegen der vollständigen Antragsunterlagen bei der Baurechtsbehörde. Damit rückt die Frage nach der Vollständigkeit der Antragsunterlagen und damit dem Fristbeginn voraussichtlich in den Fokus zukünftiger Auseinandersetzungen. Streitigkeiten hierüber konterkarieren wiederum Beschleunigungsbestrebungen. Unklar ist ferner, wie und wann fingierte Baugenehmigung an potenziell betroffene Nachbarn zugestellt werden und damit die Frage nach der Rechtssicherheit. Denn nachdem die zwingende Nachbarbeteiligung vor knapp einem Jahr weggefallen ist, müssen die Genehmigungsbehörden die Baugenehmigung den potenziell Betroffenen Nachbarn gemäß § 58 Abs. 1 Satz 7 LBO zustellen. Mit Zustellung bei den Nachbarn beginnt regelmäßig die Rechtsmittelfrist und nach dessen Ablauf tritt Bestandskraft der Baugenehmigung ein. Ob auch die im Falle der Fiktion von der Baurechtsbehörde auf Antrag auszustellende Bescheinigung den Nachbarn zuzustellen ist, wird nicht ausdrücklich geregelt.

Des Weiteren stellt sich die Frage, inwiefern noch Zeit für eine inhaltliche Auseinandersetzungen mit der Baurechtsbehörde bleibt. Das Gesetz sieht dafür in § 58 Abs. 1a Satz 2 LBO die Möglichkeit vor, auf den Eintritt der Fiktion gegenüber der Baurechtsbehörde elektronisch in Textform zu verzichten. Ausweislich der Gesetzesbegründung bleibt damit „das Recht einer inhaltlichen Prüfung auch im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren weiterhin erhalten.“ Dies aber nur im Umfang des reduzierten Prüfungsinhalts.

Nachbarn können gegen die aufgrund der Fiktion erteilte Baugenehmigung selbstverständlich vorgehen. Zukünftig wird es daher häufiger Bauvorhaben geben, die – aufgrund des Entfalls des Widerspruchsverfahrens – erstmals von den Gerichten auf ihre Baurechtmäßigkeit geprüft werden. Verwaltungsgerichte sind aber auf die Überprüfung behördlicher Entscheidungen eingestellt, nicht auf ihren erstmaligen Erlass. Da Klagen gegen Baugenehmigungen bekanntlich keine aufschiebende Wirkung haben, wird das Gericht diese Herausforderung regelmäßig im Eilverfahren zu stemmen haben. Es wird sich eine ähnliche, aber noch verschärfte Problematik ergeben, wie derzeit schon bei Untätigkeitsklagen.


Beitrag von Rechtsanwalt
Dr. Ole Jena

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Beitrag von Rechtsanwältin
Shirin El-Aklok

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