ein Beitrag von Dr. Ole Jena und Shirin El-Aklok
Als zentrales Instrument der aktuellen LBO-Reform „Schnelleres Bauen“ ist das sogenannte „vereinfachte Baugenehmigungsverfahren“ auserkoren.
Dieses seit 2010 bestehende Genehmigungsverfahren fand bisher vor allem für Wohngebäude und sonstige Gebäude mit einer Höhe (gemeint ist die Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses) bis 7 m Anwendung. Die Erweiterung des Verfahrens betrifft daher vor allem sonstige Gebäude, ab 7 m Höhe. Ausgenommen sind weiterhin Sonderbauten im Sinne des § 38 Abs. 2 Landesbauordnung (LBO), also beispielsweise Gebäude ab 22 m Höhe oder Bürogebäude mit mehr als 400 m² Grundfläche.
Nach dem aktuell vorliegenden Gesetzesentwurf soll außerdem das Optionsmodell entfallen. Danach bestand ein Wahlrecht zwischen Kenntnisgabeverfahren oder vereinfachtem Verfahren einerseits und normalem Baugenehmigungsverfahren andererseits. Der neue § 52 Abs. 1 LBO soll nunmehr lauten:
„Neben dem Kenntnisgabeverfahren ist bei Bauvorhaben, mit Ausnahme der Sonderbauten, ausschließlich das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren eröffnet.“
Auch die Gesetzesbegründung hierzu ist eindeutig, wenngleich sehr knapp:
„Mit der Änderung wird klargestellt, dass neben dem Kenntnisgabeverfahren für alle Bauvorhaben, mit Ausnahme der Sonderbauten, lediglich das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren gewählt werden kann. Das normale Baugenehmigungsverfahren findet daher nur noch auf Sonderbauten Anwendung.“
Die Mitteilung auf der Homepage des Landes Baden-Württemberg steht zum Gesetzeswortlaut und der Gesetzesbegründung in Widerspruch. Danach soll ein Wahlrecht zwischen vereinfachtem Verfahren und Vollverfahren bestehen. Diese Behauptung findet sich auch in anderen Darstellungen der LBO-Reform im Internet.
Ob neben dem Kenntnisgabeverfahren die verpflichtende Anwendung des vereinfachten Verfahrens für alle Vorhaben sinnvoll ist, wird unterschiedlich beurteilt. Im vereinfachten Genehmigungsverfahren prüft die Behörde nur die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit, die Abstandsflächen und Vorschriften außerhalb der LBO. Nicht geprüft wird der Brandschutz, die Standsicherheit, Stellplätze, Barrierefreiheit und sonstige Vorgaben der LBO. Daher genießt das Gebäude für die nicht geprüften Vorschriften auch keinen Bestandsschutz. Der Bauherr muss schlimmstenfalls mit nachträglichen (kostspieligen) baulichen Änderungen rechnen, was wiederum auf die Architekten zurückfallen könnte. Diese sollten ihre Verträge auf dieses Haftungsrisiko anpassen. Daneben und vielleicht schwerwiegender entfällt eine Prüfung durch erfahrene Personen. Ob dies gerade im Falle des Brandschutzes sinnvoll ist, kann hinterfragt werden. Jedenfalls ist damit zu rechnen, dass es zukünftig deutlich mehr baurechtswidrige Gebäude geben wird.
Die Entscheidungsfrist ist im vereinfachten Genehmigungsverfahren einen Monat kürzer als im normalen Genehmigungsverfahren. Außerdem sind die Genehmigungsgebühren geringer. Eine verbindliche Entscheidung zum Thema Brandschutz, Stellplätze oder Barrierefreiheit wird es nach der Gesetzesänderung nur noch bei Sonderbauten geben. Nur Ausnahmen, Abweichungen und oder Befreiungen müssen beantragt werden, die dann auch im vereinfachten Genehmigungsverfahren geprüft werden.
Sicherheitsbedachte Bauherren werden sich fortan daher mit Gutachten zu den nicht von der Genehmigung erfassten Bereichen absichern müssen.
Beitrag von Rechtsanwalt
Dr. Ole Jena
Vita, Veröffentlichungen & Co.:
Beitrag von Rechtsanwältin
Shirin El-Aklok
Vita, Veröffentlichungen & Co.: