23.11.2023

Überlegungen zu § 13b BauGB jetzt auch zu § 13a BauGB?

OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 21.09.2023 – 10 A 13.19

Mit Urteil vom 18.07.2023 erklärte das Bundesverwaltungsgericht § 13b BauGB für unionsrechtswidrig, weil erhebliche Umweltauswirkungen nicht von vornherein ausgeschlossen werden können. Diesen Gedanken greift nun das OVG Berlin-Brandenburg im Zusammenhang mit einem Bebauungsplan nach § 13a BauGB auf.

Sachverhalt:

Die Beteiligten stritten um die Wirksamkeit eines 3,6 ha großen Plangebiets. Die Grundstücke sind mit Wochenend- und Ferienhäusern bebaut und weisen teilweise große Lücken mit gelockertem Baumbestand auf. Das Gebiet grenzt an den Bebauungsplan X, der ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan soll die Siedlung unter Schließung der vorhandenen Lücken langfristig in ein Wohngebiet umgewandelt werden. Im Flächennutzungsplan sind die Grundstücke als Siedlungsflächen bezeichnet. Schon die Begründung zum Flächennutzungsplan sieht vor, dass in dem Gebiet durch Aufstellung von Bebauungsplänen eine Umnutzung der Wochenendhausnutzung in Wohnnutzungen bis 2010 avisiert werde. Der Bebauungsplan wurde daher im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB aufgestellt.

Hiergegen richtete sich der Normenkontrollantrag der Antragstellerin. Sie wandte ein, für eine Anwendung des § 13a BauGB bestehe kein Raum, da keine Wiedernutzbarmachung, Nachverdichtung oder andere Maßnahme der Innenentwicklung vorliege. Die einbezogenen Flächen seien weder dem Innenbereich zuzuordnen noch seien sie Außenbereichsflächen innerhalb der Ortslage.

Entscheidung:

Der Normenkontrollantrag hatte Erfolg. Der Anwendungsbereich des § 13a BauGB sei, so das OVG, nicht eröffnet. Die Wahl des beschleunigten Verfahrens anstatt des Regelverfahrens führe daher zu formellen und materiellen Fehlern, die die Gesamtunwirksamkeit des Plans zur Folge hat.

Das OVG legt den Begriff „Innenentwicklung“ unionsrechtskonform eng aus. Eine „Innentwicklung“ im Sinne des § 13a BauGB setze demnach voraus, dass durch den Plan erhebliche Umweltauswirkungen von vornherein nicht zu erwarten sind. Damit übernimmt es die vom Bundesverwaltungsgericht in der Entscheidung vom 18.07.2023 verwendete Argumentation für die Unionsrechtswidrigkeit des § 13b BauGB. Für 13b-Flächen gelte per se, dass erhebliche Umweltauswirkungen nicht von vornherein ausgeschlossen werden können, weshalb der Verzicht auf die Umweltprüfung im Rahmen von § 13b BauGB gegen Unionsrecht verstoße. § 13a BauGB sei hingegen unionsrechtskonform auszulegen, indem der Begriff der Innenentwicklungsfläche eng verstanden wird (ebd. Rn. 36 f.). 

Bewertung und Ausblick:

Der generelle Ausschluss erheblicher Umweltauswirkungen, der im Rahmen des § 13b BauGB zur Unionsrechtswidrigkeit der Ermächtigungsgrundlage geführt hat, erlangt bei § 13a BauGB im Rahmen der Auslegung Bedeutung und schränkt den Anwendungsbereich ein. Damit bestätigt sich die in der Literatur geäußerte Befürchtung, dass ebenfalls § 13a-Pläne „gefährdet“ seien (Schröer/Kümmel, NVwZ 2023, 1652, 1655). Obwohl das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 25.04.2023 die Anwendung des § 13a BauGB bei Freiflächen in Ortslage (sog.  Außenbereichsinseln) noch bestätigt hat, ist in diesen Fällen die Wirksamkeit der Pläne sorgfältig zu prüfen. 

Vorschriften:

§ 13a BauGB – Bebauungspläne der Innenentwicklung

(1) Ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) kann im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden. Der Bebauungsplan darf im beschleunigten Verfahren nur aufgestellt werden, wenn in ihm eine zulässige Grundfläche im Sinne des § 19 Absatz 2 der Baunutzungsverordnung oder eine Größe der Grundfläche festgesetzt wird von insgesamt 

  1. weniger als 20 000 Quadratmetern, wobei die Grundflächen mehrerer Bebauungspläne, die in einem engen sachlichen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufgestellt werden, mitzurechnen sind, oder
  2. 20 000 Quadratmetern bis weniger als 70 000 Quadratmetern, wenn auf Grund einer überschlägigen Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 dieses Gesetzes genannten Kriterien die Einschätzung erlangt wird, dass der Bebauungsplan voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen hat, die nach § 2 Absatz 4 Satz 4 in der Abwägung zu berücksichtigen wären (Vorprüfung des Einzelfalls); die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereiche durch die Planung berührt werden können, sind an der Vorprüfung des Einzelfalls zu beteiligen.

Wird in einem Bebauungsplan weder eine zulässige Grundfläche (…)

(2) Im beschleunigten Verfahren

  1. gelten die Vorschriften des vereinfachten Verfahrens nach § 13 Absatz 2 und 3 Satz 1 entsprechend;
  2. kann ein Bebauungsplan, der von Darstellungen des Flächennutzungsplans abweicht, auch aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan geändert oder ergänzt ist; die geordnete städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets darf nicht beeinträchtigt werden; der Flächennutzungsplan ist im Wege der Berichtigung anzupassen;
  3. soll einem Bedarf an Investitionen zur Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum oder zur Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben in der Abwägung in angemessener Weise Rechnung getragen werden;
  4. gelten in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 Eingriffe, die auf Grund der Aufstellung des Bebauungsplans zu erwarten sind, als im Sinne des § 1a Absatz 3 Satz 6 vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig.

(…)

Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Ole Jena

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