28.08.2025

Erwerber kann sich auf Formwidrigkeit einer ihn begünstigenden Nebenkostenabrede zwischen früherem Vermieter und Mieter berufen

BGH, Beschluss vom 14.05.2025 – XII ZR 88/23. Anmerkung von Rechtsanwältin Mirjam Barth.

Hat der frühere Vermieter an einer schriftformwidrigen Änderungsvereinbarung mitgewirkt, kann sich der Grundstückserwerber als neuer Vermieter gegenüber dem Mieter auch dann auf den dadurch herbeigeführten Formmangel des Mietvertrages berufen, wenn dies dem früheren Vermieter selbst nach Treu und Glauben verwehrt gewesen wäre. Der BGH betont in seinem Beschluss die Schutzfunktion des § 550 BGB für den Grundstückserwerber.

Sachverhalt:

Der Mieter und sein früherer Vermieter vereinbarten mündlich eine Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlung. Später verkaufte der Vermieter das Grundstück. Die Erwerber als neue Vermieter beriefen sich auf die Formnichtigkeit der Nebenkostenvereinbarung und damit die Nichtigkeit des gesamten Mietvertrags. Hiergegen wehrte sich der Mieter.

Der Mieter unterlag in erster Instanz vor dem Landgericht Koblenz und in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Koblenz.

Auch die vom Mieter eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde scheiterte nun vor dem Bundesgerichtshof.

Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof stellt zunächst klar, dass es sich bei der einvernehmlichen Erhöhung der ursprünglich vereinbarten Nebenkostenvorauszahlungen – unabhängig vom Betrag der Erhöhung – um eine nach § 550 BGB schriftformbedürftige Vertragsänderung handle.

Sodann verweist der Bundesgerichtshof auf seine ständige Rechtsprechung, nach der es als rechtsmissbräuchlich gelte, wenn eine Mietvertragspartei sich auf einen Schriftformverstoß einer lediglich sie selbst begünstigenden nachträglichen Abrede berufe, um sich von einem Mietvertrag zu lösen.

Anders kann dies bei Rechtsnachfolgern des früheren Vermieters sein. Nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs könne sich ein Grundstückserwerber auf einen Schriftformverstoß aus einer Zeit vor dem Grundstückserwerb berufen, obwohl dies dem früheren Vermieter nach Treu und Glauben verwehrt gewesen wäre. Dies folge aus dem Schutzzweck des § 550 BGB, der den Grundstückserwerber, der kraft Gesetzes gemäß § 566 Abs. 1 BGB in die Vermieterstellung eingerückt ist, schützen solle.

Dies gelte, so der Bundesgerichtshof, gerade auch in Konstellationen, in denen die schriftformwidrige Abrede den späteren Erwerber begünstigt. Der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs richte sich nur gegen den früheren Vermieter, der die formwidrige Änderung aktiv mitgestaltet habe und daraus weitere Vorteile ziehen wolle. Ein solcher Vorwurf könne gegenüber dem Erwerber grundsätzlich nicht erhoben werden, weil er am Abschluss der formwidrigen Änderungsvereinbarung nicht beteiligt war.

Allerdings weist der Bundesgerichtshof darauf hin, dass im Einzelfall Konstellationen denkbar seien, in denen sich auch der Erwerber ausnahmsweise doch rechtsmissbräuchlich verhalte, wenn er sich auf eine zwischen den Ursprungsparteien formwidrige Abrede berufe. Eine solche Konstellation lag im vorliegend vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall aber nicht vor.

Fazit:

Der Bundesgerichtshof hat erneut klargestellt, dass das Schriftformerfordernis nach § 550 BGB gerade den Erwerber eines vermieteten Grundstücks vor nicht-schriftlichen Abreden der ursprünglichen Mietvertragsparteien schützen soll. Diesem Schutzweck entsprechend kann sich der Erwerber nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs auch auf Schriftformverstöße von allein ihn begünstigenden Abreden berufen, sofern die Abrede zwischen dem ursprünglichen Vermieter und dem Mieter getroffen wurde.

Maßgebliche Vorschriften:

§ 242 BGB

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

§ 550 BGB

Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.

§ 566 BGB

(1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.

(2) …

Beitrag von Rechtsanwältin 

Mirjam Barth

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